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Raphaela Swadosch

Das Hohelied als Beitrag zur Radikalisierung der Beziehungsidee

Das Hohelied ist ein kanonisches Buch im Alten Testament der Bibel. Das Überraschende daran ist, dass es erotische Liebeslyrik ist, die Gott, die Geschichte der Israeliten, den Bund, die Propheten oder irgendeinen anderen Topos alttestamentlicher Schriften nicht einmal erwähnt. Daher die große Vielfalt, die sich aus den Interpretationen des Hoheliedes ergibt.

Diese Vielfalt ist darauf zurückzuführen, dass die in dem Gedicht beschriebenen Protagonisten anonym sind. Wer sie sind, wo sie sich treffen und wo sie leben, bleibt ungewiss. Alles, was wir erhalten, sind Andeutungen, Anspielungen und eine überbordende Bildsprache von Flora und Fauna, Düften, Kräutern, Gewürzen, Essen und Trinken, Gärten, Tieren und jahreszeitlichen Landschaften. Die Dialoge der Protagonisten an diesem Schauplatz sind von Liebe, Leidenschaft, Sehnsucht und einer metaphorischen Sprache erfüllt. Gerade deshalb haben die Exegeten des 2. Jh. n. Chr. bis heute verschiedene Lesarten auf den Text angewandt, um seine Bedeutung zu erfassen (allegorisch, mystisch, spirituell, wörtlich, queer etc.)

Meine Dissertation beschäftigt sich mit den Selbst-Welt-Beziehungen, die sich aus dem Hohelied und seinen Interpretationen ergeben. Durch die Verbindung von biblischer Anthropologie mit dem Resonanzkonzept will diese Arbeit - auf interdisziplinärer Ebene - einen Beitrag zu einer (Neu-)Interpretation des Hoheliedes leisten. Die Parameter zur Erforschung von Selbst-Welt-Beziehungen sind theologisch mit dem "Konstellativen Personbegriff" verbunden und soziologisch aus dem Resonanzkonzept von Hartmut Rosa abgeleitet, einschließlich entscheidender Elemente wie: Affizierung, Selbstwirksamkeit, Transformation und "Unverfügbarkeit". Diese Resonanzen bilden eine Selbst-Welt-Beziehung, die dazu beiträgt, die Idee der Relationalität zu radikalisieren. Eine Idee, die das antike mit dem modernen Verständnis biblischer Texte verbinden kann.

Als zusätzlichen Forschungsaspekt verwende ich eine geschlechtergerechte Exegese als Analyseinstrument und achte besonders auf die (De-)Konstruktion von Geschlecht im Hohelied. Das Hohelied spielt mit seiner poetischen Sprache, die die Grenzen zwischen den Geschlechterstereotypen verwischt. Um die Geschlechterverhältnisse in dem Gedicht zu verstehen, muss man daher die Strukturen und kulturellen Hintergründe der Gesellschaft im alten Israel untersuchen, in der das Lied einerseits komponiert und schließlich herausgegeben wurde, vermutlich zwischen dem 9. und 3. Jh. v. Chr.

Ausgehend von diesen Ansätzen behaupte ich, dass es Resonanzen gibt, die von bestimmten Methoden der Interpretation der Poesie herrühren und die dazu beitragen, Geschlechterstereotype aufzulösen. Dies geschieht begünstigt durch eine Lesart, die Frauen und Männern hilft, miteinander und mit der Welt um sie herum in einer libidinös aufgeladenen Weise umzugehen, die die geschlechtsspezifischen Dichotomien überwindet. Diese Resonanzen, die sich aus bestimmten Interpretationen ergeben, bilden ein Selbst-Welt-Verhältnis, das dazu beiträgt, die Idee der Relationalität zu radikalisieren. Auf welche Weise sie dies tun, wird das Ergebnis meiner Forschung sein.

 

Kurze Vita

Seit 2018 Doktorandin des Doktorandenkollegs „Resonante Weltbeziehungen“ an der Karl-Franzens-Universität, Graz

2015 M.A. Theologie an der Theologischen Hochschule, Reutlingen

2013/14 Duke Divinity School Durham, North Carolina, USA, Stipendiatenprogramm

2004 Interdisziplinäres friedenswiss. Weiterbildungsstudium: Konflikt und Frieden an der FernUniversität, Hagen

2001 M.A. der Soziologie und Wiss. Politik an der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg

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